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Johann Peter Eckermann
Die frühen Jahre

Eckermann_cafe

ie Geschichte der Auswahl dieses Beitrages be­gann ganz ähnlich wie der Anfang von Jerome K. Jeromes Roman Drei Mann in einem Boot (vom Hunde ganz zu schweigen):

"Wir waren unsrer viere — Georg William, Samuel Har­ris, meine Wenigkeit und Montmorency [der Hund] … und unterhielten uns über die Verderbtheit unserer Naturen — Verderbtheit in gesundheitlicher Beziehung meine ich natürlich.

Wir fühlten uns allesamt mit Übeln behaftet, was uns entschieden in eine nervöse Aufregung versetzte. Harris sagte, er bekomme öfters solche außerordentliche Schwindelanfälle, daß er kaum mehr wisse, wo ihm der Kopf stehe; dann sagte Georg, auch er habe Schwindelanfälle, daß er kaum mehr wisse, wo ihm der Kopf stehe. Bei mir war es die Leber, die nicht in Ordnung war. Ich war sicher, daß meine Leber nicht in Ordnung wäre, da ich gerade vorher ein Zirkular über patentierte Leberpillen gelesen hatte, worin die verschiedenen Symptome ganz genau angegeben waren, an denen man ganz sicher erkennen konnte, ob die Leber in Ordnung sei oder nicht. Alle diese Symptome zeigten sich bei mir."


An einem sonnigen Herbstmittag nach einer regnerischen Nacht saß ich im Kleinen Café, trank ein wenig rosa Champagner und ließ mir die Zeitläufte durch den Kopf gehen. Nach einer Weile gesellten sich zwei Freunde mir zu, und so tranken wir zu dritt Champagner, mit ordentlichem Abstand voneinander —entsprechend den Regeln der großen Epidemie — und fühlten uns elend (ebenfalls entsprechend den Regeln der großen Epidemie).

Irgendwann erwähnte einer der Freunde, daß er jüngst seine umfassende Bibliothek umgeräumt und geordnet hätte und dabei auf Bücher gestoßen sei, die er niemals gelesen habe, darunter Eckermanns Buch über seine Jugend und über Goethe. Er sagte:

"Die Beschreibung seiner frühen Jahre würde gut in die Serie der Beträge des Kleinen Cafés passen. Es ist irgendwie ermutigend zu sehen, wie Menschen, die scheinbar keine Chance im Leben haben, es doch schaffen können, wenn sie an sich selbst glauben und den Willen zum Erfolg haben. Das brauchen wir in unserer Zeit."




Eckermann-portrait

Johann Peter Eckermann. Geboren am 21.9.1792 in Winsen/Luhe; gestorben am 3.12.1854 in Weimar.

Als Kind eines Hausierers wuchs Eckermann in ärmlichen Verhältnissen auf. Mit 16 Jahren wurde er Schreiber in Winsen, später in verschiedenen Ämtern der Prä­fek­tur Lüne­burgs. Nach der Teil­nahme an den Be­frei­ungs­kriegen, mit denen die Vor­herr­schaft Frank­reichs unter Napoleon Bona­parte über große Teile des euro­pä­ischen Kon­ti­nents beendet wurde (1813/1814), ver­suchte er sich in Han­nover als Kunstmaler aus­bilden zu lassen, was aber am Geld­mangel schei­ter­te; er schlug sich darauf weiter­hin mit Kanz­lei­ar­beiten durch.

1821/22 hörte er in Göttingen juristische Vorlesungen. Nach positiven Reaktionen auf lyrische Versuche schrieb er eine Sammlung poetologischer Thesen, deren Manu­skript er an Goethe sandte. Im Juni 1823 reiste er nach Weimar; Goethe nahm ihn freundlich auf und lud ihn ein, ihm beim Ordnen seiner Schriften zu helfen. Eckermann blieb in Weimar und wurde der engste Gehilfe Goethes beim Redigieren; er bewegte Goethe zum Abschluß des Faust und des letzten Teils von Dichtung und Wahrheit. Seinen Lebensunterhalt bestritt er vorwiegend durch Sprachunterricht für englische Bildungsreisende. Testamentarisch bestimmte ihn Goethe zum Herausgeber seiner Nachgelassenen Werke. 1837 wurde er herzoglicher Bibliothekar mit dem Titel eines Hofrats, allerdings ohne wesentliches Gehalt. Er starb in Armut.

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Eckermann: Frühe Jahre

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Eckermann

Eckermann-English

Johann Peter Eckermann. Gespräche mit Goethe. Leipzig: F.A. Brockhaus. 1836.

Johann Peter Eckermann. Conversations with Goethe. Translated by S.M. Fuller. Boston and Cambridge: James Monroe & Company. 1852.